Wissen über Geschlecht. Auf dem Spielfeld der Norm

Wissen über Geschlecht. Auf dem Spielfeld der Norm

Organisatoren
DFG Graduiertenkolleg „Geschlecht als Wissenskategorie“; Institut für Geschichte der Medizin, Humboldt-Universität zu Berlin
Ort
Berlin
Land
Deutschland
Vom - Bis
24.11.2006 - 26.11.2006
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Von
Birgit Stammberger (Vechta) / Daniela Döring (Berlin)

Unter dem Titel "Wissen über Geschlecht: Auf dem Spielfeld der Norm" ging das interdisziplinäre Arbeitstreffen der Frage nach, wie eine thematische Auseinandersetzung mit der Kategorie des Geschlechts innerhalb von Normierungs- und Normalisierungsprozessen erfolgen kann. Anliegen des Workshops war es zunächst, die oftmals diffus erscheinenden Begriffe der Norm und Normierung sowie Normalität und Normalisierung zu (be-)greifen. Anhand dieser Begriffe untersuchten die TeilnehmerInnen in den Referaten und anschließenden Debatten verschiedene Strategien und Technologien von Normierung und Normalisierung sowie ihre Anschlussfähigkeit für analytische und methodische Diskussionen. An dieser gemeinsamen Schnittstelle gerieten höchst verschiedene Forschungsprojekte miteinander ins Spiel, um unter Berücksichtigung ihrer methodischen Zugänge und methodologischen Aspekte, Konstruktionsweisen von Geschlecht und Norm zu diskutieren. Die Beiträge der ReferentInnen veranschaulichten eindringlich die unterschiedlichen Weisen der Wissensproduktion um den geschlechtlichen Körper sowie die Konstruktionsprozesse von Geschlechtsidentitäten.

Der Workshop war in fünf Blöcke unterteilt. Den Auftakt bildete die Sektion "INS GESCHLECHT WACHSEN". Hier stellte zunächst Kristina REISS (Oldenburg) ihr Forschungsprojekt mit dem Titel "Schönheit, Körper und Geschlecht. Vom Zwang zum schönen, perfekten Körper" vor. Darin verfolgte sie das Ziel, Körpergefühle und Wahrnehmungsmuster behinderter Jugendlicher zu analysieren. Die Ausprägung von Körperbildern sowie der Umgang mit Behinderung und Beeinträchtigung seien Resultat kultur- und geschlechtsspezifischer Sozialisation, so die These der Referentin. In der Diskussion wurde kritisch hinterfragt, ob für jugendliche Adoleszenz- und Identitätsprozesse die Kategorien von Schönheit, Perfektion und Erfolg im Allgemeinen wichtig sind oder ob und inwieweit behinderte und benachteiligte Jugendliche eine Sonderposition einnehmen. Darüber hinaus wurde die Markierung einer "doppelten Diskriminierung" als Frau und Behinderte problematisiert.

Der Vortrag von Anke LANGNER (Berlin) befasste sich mit "Normierung und Normalität in der Identitätsarbeit geistig behinderter Jugendlicher". Die Referentin untersuchte anhand von Fallrekonstruktionen und Beobachtungen in der Förderschule geistige Entwicklung Normierungs- und Normalisierungspraktiken, die für die Konstruktion von Identität im Alltag entscheidend sind. Für die Identitätsarbeit von geistig behinderten Jugendlichen arbeitete sie Differenzierungspraktiken in den Interaktionen zwischen LehrerInnen und SchülerInnen heraus. Diese verortete die Referentin in einem Wechselspiel von normativen Normen -- sozialen Regeln -- und normalistischen Normen, die in der Befolgung dieser durch ,alle' bestehen.

Kommentiert wurden beide Vorträge von Markus DEDERICH (Dortmund). Die Diskussion, die im Anschluss auf seine engagierten und ausführlichen Anregungen erfolgte, setzte sich v.a. mit der Frage auseinander, inwieweit die subjektiven Erfahrungen von Behinderung im Kontext identitätsstiftender Differenzen analytisch aufzugreifen sind. Während Kristina Reiss die Identitätsarbeit von Jugendlichen mit Behinderung als stigmatisiert begriff, fragte Anke Langner nach dem Prozesshaften sowie den Möglichkeiten von (be-)hinderter aber "erfolgreicher" Identitätsarbeit.

Der zweiten Block "IRRE NORM" wurde mit dem Vortrag "Das Ausscheren aus der Norm und andere Möglichkeiten von Wahnsinn um 1800" von Katharina WEIKL (Berlin) eröffnet. Darin erarbeitete Weikl aus mikrohistorischer Perspektive eine Chronologie der Auffälligkeiten des Jacob Endorfers. In seiner Selbstdarstellung als Besessener beanspruchte Endorfer einen von der Referentin als "Dritten Raum" bezeichneten Ort außerhalb einer Skala von normal bis abweichend. Sie verweist auf das Verschwinden dieses Raumes mit dem Mächtigwerden von ökonomischen Aspekten wie Effizienz, Arbeitsfähigkeit und finanziellen Interessen. Mit der Gründung der königlich-bayerischen Irrenanstalt Giesing 1803 wird Endorfer seinem "neuen Ort" übergeben. Hier wird die binäre Aufteilung in ,gemüthskrank' versus gesund institutionell verankert und medizinisch festgeschrieben.

Der darauf folgende Vortrag von Bettina BLESSING (Regensburg) setzte sich mit den Morbiditätsstatistiken von 1852-1875 der bayrischen Heil- und Pflegeanstalt Karthaus Prüll auseinander, um Aufschluss über Krankheitsbilder und einen geschlechtsspezifischen Umgang mit Kranken zu gewinnen. Blessing argumentierte, dass in diesem Zeitraum in den Statistiken verstärkt sozio-kulturelle Faktoren Berücksichtigung fanden, die auch in Bezug zum Geschlecht der Patienten gesetzt wurden. In der kontrovers geführten Diskussion wurde die von der Referentin angenommene historische Aussagekraft von Statistiken als einem Spiegel gesellschaftlicher Verhältnisse kritisch hinterfragt.

Eric ENGSTRÖM (Berlin) warf in seinem Kommentar die Problematik auf, wie historische Quellen unsere theoretischen Konstruktionen von Wahnsinn und Normalität irritieren und damit zu einer Kritik analytischer Modelle führen können. Er lenkte den Fokus auf die Frage, wie statistische Evidenzen und Tatsachen erzeugt werden, ein Ansatz, der im folgenden Panel zentral war.

Im dritten Block "DATENSATZ KÖRPER" ging es um den Einsatz messender Praktiken aus historischer und aktueller Perspektive. Daniela DÖRING (Berlin) untersuchte in ihrem Beitrag "Durchschnitt und ,Normalzustand' -- Das Konzept des Mittleren Menschen Adolphe Quételets", wie Wissen über Geschlecht mit Hilfe von statistischem Material, einer mathematischen Sprache und technischen Formalisierungen hergestellt wird. Der Quételetsche Durchschnittstyp inkorporiert, so die Referentin, einen Zusammenschluss aus der Gesetzmäßigkeit der Wahrscheinlichkeit, des ästhetischen Ideals und den statistischen Messdaten eines Soldatenregiments -- und damit eine explizit männliche Norm. Im epistemischen System werde einerseits die Zahl als leeres Zeichen und andererseits das Material als Einschreibungsfläche in einer bipolaren und geschlechtlich konnotierten Anordnung verortet.

Hans Jörg SCHMIDT (Heidelberg) befasste sich in seinem Beitrag mit dem Aspekt der Normung. Anhand der so genannten "Personennormierungsnormen" DIN 33402 und 33411, argumentierte er, dass die im kulturellen Wissen um den menschlichen Körper tradierte Geschlechterdifferenz für die Normerstellung nicht mehr von genuiner Relevanz sei, sondern vielmehr marktwirtschaftliche, zivilisatorische und ethnische Gesichtspunkte an Bedeutung gewinnen. Zudem fände, so seine diskussionswürdige These, infolge von normativ-normierende Europäisierungs¬prozessen eine allmähliche Perspektivenverschiebung von körperunmittelbaren zu körpermittelbaren Wissenskategorien statt.

Kommentiert wurden beide Vorträge von Herbert MEHRTENS (Braunschweig), der vor allem auf die verschiedenen Bedeutungen und die semantische (Un-)Schärfe von Norm, Normierung und Normalisierung hinwies. Hierin ging es ihm um die Übertragung physikalischer und biologischer Konzepte auf soziale Normen. An Hand der beiden Vorträge konnte die Differenzierung zwischen Normung, Normierung und Normalität eingehend betrachtet werden. Wie Hans Jörg Schmidt in seinem Vortrag erörterte, geht es bei der Erfassung "Personennormierung" durch das Deutsche Institut für Normung um die Aufstellung einer entscheidbaren, anwendbaren funktionalen Norm. In dem von Daniela Döring dargestellten Prozess wurde gezeigt, wie der Körper als Grundlage von Datenerhebungen zu einem epistemischen Ort der Wissensproduktion transformierte. Dabei wurde die Herstellung eines Normalzustandes als Naturalisierung des Körpers von den biologischen Normen hin zu einer sozialen und kulturellen Praxis der machtvollen Zuschreibungen von Wahrheit und Abweichung mit Hilfe der Statistik kritisch hinterfragt.

Im vierten Teil des Workshops "WIDER GESCHLECHT" wurden verschiedene Praxen von Normalisierung in Bezug auf geschlechtliche Identitäten außerhalb einer heterosexuellen Matrix beleuchtet. Wibke STRAUBE (Berlin) untersuchte in ihrem Vortrag zwei zeitgenössische Spielfilme unter dem Aspekt der De- und Renormalisierung von Geschlecht, worin insbesondere den "Brüchen" in der Inszenierung kohärenter Geschlechtlichkeit nachgegangen wurde. Dabei fragte die Referentin spezifisch danach, ob diese Filme mit der Genrebezeichnung "Transgender" eine Veruneindeutigung von Geschlecht ermöglichen und sich so einer geschlechtlichen Naturalisierung widersetzen können. Im Anschluss daran wurde diskutiert, inwieweit hier heterosexuelle Identitäten durch ein konstitutives Außen festgeschrieben werden und ob tatsächlich von einer flexiblen Normalisierung gesprochen werden kann.

Bettina FRITZSCHE (Berlin) zeigte in ihrem Referat mit dem Titel "Irrlichter in der heterosexuellen Matrix. Wissen über Bisexualität" auf der Basis einer Diskursanalyse wissenschaftlicher Texte verschiedene Fallstricke bei der Produktion von Wissen über Bisexualität auf. Bisexualität als diskursiv zur Verfügung gestelltes Zeichen, so die These der Referentin, steht in einigen Texten für eine per se rehabilitierungsbedürftige sexuelle Identität, während es anderen Studien zufolge eher auf einen Ort jenseits hegemonialer Normen verweist. Insbesondere Arbeiten aus dem Feld der Queer Theory verwenden Fritzsche zufolge Bisexualität als "leeres Token", das nicht mit Bedeutung gefüllt wird.

Wie Paula VILLA (Hannover) in ihrem pointierten Kommentar erörtert hat, ist die Zeichenhaftigkeit bi- und transsexueller Identitäten äußerst problematisch. Wenngleich bisexuelle Praktiken oder Transgenderdarstellungen zu einer Verwirrung kultureller hegemonialer Geschlechtsnormen beitragen, so konnte in der Diskussion doch dargestellt werden, dass es schwierig ist, Sexualität jenseits kultureller Normen zu verorten, und gleichzeitig auf einer Bestimmung und Benennung als sexuelle Identität zu beharren.

Im fünften Block wurden anhand von vier weiteren Projektvorträgen die Arbeitsergebnisse des Workshops zusammenfassend diskutiert und vor allem die analytischen und method(olog)ischen Verknüpfungslinien vertieft.

In dem ersten Beitrag analysierte Ulrike KLÖPPEL (Berlin) die deutschen medizinischen Publikationen über Intersexualität im letzten Jahrzehnt in Hinblick auf den Zusammenhang zwischen Geschlechternormen und Geschlechterentwicklungs¬modellen. Die Begriffe "Normierung" und "Normalisierung", mit denen sich unterschiedliche Macht-Wissenspraktiken im Feld der medizinisch-psychologischen Beschäftigung mit Intersexualität erfassen lassen, wurden dafür als Analyseinstrumente theoretisch umrissen. Gerade für dieses Feld erweist es sich dann allerdings als kennzeichnend, so die Referentin, dass Normierung und Normalisierung eher ineinander greifen denn isoliert funktionieren. Wie vor allem in der Abschlussdiskussion eindringlich betont wurde, entwarf Ulrike Klöppel mit ihren Ausführungen eine präzise Strukturierung der Konzepte von Normalisierung und Normierung und damit eine theoretisch scharfe und fundierte Grundlage für die abschließende Bündelung der kontroversen Workshopergebnisse.

Florian KAPPELER (Berlin) schlug mit seinem Beitrag vor, neben disziplinierender Normierung und biopolitischer Normalisierung eine weitere Form der Normalisierung in den Blick zu nehmen: Die therapeutische Ausrichtung von Subjekten an einer moralisch-medizinischen Gesundheitsnorm, welche Michel Foucault besonders in "Der Wille zum Wissen" analysiert und der er als einziger Normalisierungsform direkte vergeschlechtlichende Wirkungen zuschreibt -- so die streitbare These des Referenten. In der Diskussion wurde vor allem die Verkopplung der Prozesse der Normalisierung und Vergeschlechtlichung thematisiert.

Falko SCHNICKE (London) beschäftigte sich mit der Methodik zur Erforschung von Geschlechternormen bei Heinrich von Treitschke. Schnicke zufolge bezieht sich Treitschke auf eine Männlichkeit, die als positives, normativistisches Referenzmodell für das Weibliche fungiert. Zugleich wird durch die Ausnahme der Regentin das Konzept der "Durchschnittsfrauen" bestätigt. Die Ausführungen schlossen damit in zweierlei Hinsicht an die voran gegangenen Beiträge des Workshops an. Einerseits wurde das Modell des Durchschnitts als Dreh- und Angelpunkt von Normierung und Normalisierung diskutiert. Andererseits rückte erneut die Frage nach dem Quellenmaterial in das Zentrum des Interesses. Es eröffnete sich die Frage, welche Auswirkungen die binäre Geschlechtermatrix auf das Genre biografischer Studien hat.

Elke FRIETSCH (Berlin) richtete ihren Blick anhand des Bildmotivs des Körpers als Gefäß für Herz und Seele auf ästhetische Körperinszenierungen als Ausdruck von kulturellen Konzepten und gesellschaftlich wirksamen Vorstellungen von ,männlich' und ,weiblich'. Die Diskussion drehte sich u.a. um analytische und methodische Möglichkeiten von Dekonstruktionen geschlechtlich codierter Körperbilder besonders in Hinblick auf den spezifischen Charakter des Visuellen, des Bildes bzw. der Fotografie. Es wurde ein medientheoretischer Zugang vorgeschlagen, der die Ambivalenzen zwischen der fotografischen Technik als Objektivierungsinstrument auf der einen Seite und als Kritikfähigkeit einer künstlerischen Avantgarde auf der anderen Seite aufzeigen und in Bezug auf mögliche "Entnormierungspotenziale" problematisieren könnte.

Resümee

Norm, Körper und Spiel waren die zentralen Begriffe, mit denen sich die ReferentInnen in ihren Vorträgen auseinander gesetzt haben. Die vielfältigen Orte, die Diskurse, die sich den Ordnungssystemen von Normalität, Normung und Geschlecht bedienten, zeugten von den komplexen Verwendungsweisen, von den disziplinären Transformationen und sozialen Praktiken. In der Abschlussdiskussion wurde nochmals betont, dass sich diese Verwendungsweisen nicht auf eine einheitliche Bedeutung hinführen lassen, sondern neue Regionen hervor bringen, die dazu auffordern, semantische Unschärfen reflexiv und kritisch wahrzunehmen. Es konnte also nicht darum gehen, verborgene Bereiche, die scheinbar durch diskursive Realitäten erzeugt werden, zu beleuchten oder darum, wie Foucault schreibt, ein "Nicht-Gesagtes oder ein Nicht -- Gedachtes endlich zu artikulieren oder zu denken"1. Nicht die Welt selbst besteht aus kontinuierlichen Systemen, sondern diese semantischen Einheiten verdanken sich den Klassifikationen und seriellen Einheiten der Bewertung wissenschaftlicher Aussagen und Wissenssysteme. Weder der Körper noch die Differenzierung von Normalität und Abweichung unterliegen einer inneren Struktur, die dem Körper innewohnt. Es ist ein zeichenhafter Prozess der Benennung, der Streuung und Ordnung, in den der Körper eingeteilt, systematisiert und klassifiziert wird. Erst im Verlauf der Materialisierung werden die Zeichenhaftigkeiten von Differenz am Körper wirksam eingeschrieben. Und so wurden sowohl die positiven Wirkungen der Erzeugung materieller Bedeutungen am Körper und der Konstruktion geschlechtlicher Identitäten als Zuschreibungsprozess beleuchtet, als auch die durch das "negative Spiel einer Beschneidung und Verknappung des Diskurses"2 diskontinuierlichen Praktiken, die dem Sinn der Regelhaftigkeit und seriellen Aufstellung folgen.

Theoretisches Wissen in seiner Spezifität ist, nach Georges Canguilhem und Michel Foucault, niemals ohne einen Bezug auf irgendeine theoretische Norm zu denken. So haben auch die verschiedenen Beiträge immer nach den fruchtbaren Möglichkeiten einer Kritik der Norm gefragt, die zugleich ein emanzipatorisches Interesse politisch verfolgen ließen. Wie ausführlich diskutiert wurde, sind jedoch beide Bereiche sich gegenseitig stabilisierende Größen. Es gibt eine Affirmation der Norm -- wie Kamper schreibt -- und eine Affirmation durch die Kritik hindurch, beide Terme also können nicht alternativ begriffen werden 3. Wenn mit den Begriffen der Norm, des Geschlechts und des Spiels zugleich auch eine Idee von Kritik und kritischer Arbeit verbunden ist, so muss -- und das scheint das Plädoyer dieses Workshops gewesen zu sein -- eine Arbeit an der Sprache erfolgen, die sich als eine Darstellung der Repräsentationstechniken und Konstruktionen des Normalen versteht. Normalitätstheoretische Diskurse verlaufen anhand von Ordnungs- und Klassifikationssystemen, die dann als soziale Realitäten in den verschiedenen kulturellen und sozialen Bereichen von Bedeutung sind. Diese Prozesse zu untersuchen, zeugte nicht von der Aufdeckung falscher Annahmen oder unwahrer theoretischer Ausgangsweisen. Vielmehr verschrieb sich der Workshop dem Ziel, durch die Hinzugabe der Kategorie des Geschlechtes innerhalb historischer und aktueller Diskurse Probleme auszuwerfen, die sich im dunklen Mantel von Selbstverständlichkeiten verdecken. Jeder fremde Gegenstand tut gut, so schreibt Canguilhem 4 und jeder vertraute Gegenstand muss fremd sein. Und so hat sich gezeigt, dass der Begriff der Normalität und des Geschlechtes seine Selbstverständlichkeit verlor und in seiner vertrauten Fremdheit erschien, und damit Probleme thematisiert wurden, deren Existenz uns im Verlaufe dieser Tagung bewusst geworden ist.

Anmerkungen:
1 Foucault, Michel, Die Ordnung des Diskurses, Frankfurt am Main 1997, S. 34.
2 Foucault, Michel: a.a.O, S. 34.
3 Vgl. Kamper, Dietmar, Der Mensch als Schicksal, Zufall und Gefahr. Historische Anthropologie, in: Lutz, Peter u.a. (Hgg.) Der [Im-]Perfekte Mensch. Metamorphosen von Normalität und Abweichung, Köln 2003, S. 468-475.
4 Vgl. Canguilhem, Georges, Das Normale und das Pathologische, München 1974, S. 15.